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Zum Tode von Dietmar Schlee

Zollern-Alb-Kurier vom 05. August 2002

Dietmar Schlee ist tot. In den Morgenstunden des gestrigen Sonntags erlag der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises 198 (Zollernalb-Sigmaringen) einer schweren Krankheit. Der überraschende Tod im 65sten Lebensjahr ist eine schockierende, schmerzhafte, kaum fassbare Zäsur - besonders auch für die CDU-Parteifreunde im Zollernalbkreis, die in ihren Abgeordneten das Vertrauen für eine dritte erfolgreiche Wahlperiode gesetzt hatten.

 

von Notburg Geibel

ES FÄLLT SCHWER, diese Nachricht in ihrer Unerbittlichkeit und Endgültigkeit zu begreifen. Vielleicht gerade deshalb, weil Dietmar Schlee zu den starken Persönlichkeiten gehörte, von denen wir uns gerade in diesen Wochen und Monaten in der Politik mehr wünschten an Zahl, Profil und Haltung. Keiner wusste besser als ein Dietmar Schlee, dass in der Verantwortung für andere auch die Verpflichtung steckt - und zwar in jeder Minute und jeder Entscheidung von der ersten - frühen - Stunde der Übernahme politischer Ämter an.

ES FÄLLT SCHWER, sich mit dem Gedanken auseinander zu setzen, der in der so ganz banalen Frage steckt: "Wer/Was kommt nach Schlee?". Dies gilt für alle Aufgaben-Felder, die der Vollblut-Politiker mit einer so starken persönlichen Prägung gefüllt und erfüllt hat. Die jetzigen, denen seine starke Persönlichkeit Kontur und Richtung verlieh - zu nennen wäre aktuell das Abgeordneten-Mandat ebenso wie die für ihn so wichtige Führung des "Vereins der Freunde der Erzabtei Beuron". Doch mögen sich viele bei der einst weitaus weniger einschneidenden Zäsur anlässlich der Aufgabe der beiden Minister-Ämter (Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung von 1980 bis 1984 und vor allem dem Innenministerium (1984 bis 1992) ähnliches gefragt haben.

ES FÄLLT SCHWER, auf einen Menschen verzichten zu müssen, für den Freundschaft und Verlässlichkeit nicht nur Worte sondern gelebte und untrennbare Einheit waren. Ganz sicher war Schlee nicht jedermanns Freund - das lag schon an den herausragenden Führungspositionen, in die er jeweils einen, nämlich seinen ureigenen Stil der Geradlinigkeit einbrachte - doch ebenso sicher zollten auch seine Feinde ihm und seinen Entscheidungen immer den gebührenden Respekt. Zumal Dietmar Schlee die so seltene Gabe der Übersicht und einer präzisen Folgenabschätzung zu statten kam. Niemals glatte Diplomatie allein, sondern Vertrauen und Glaubwürdigkeit bestimmten sein Handeln.

DIETMAR SCHLEE hat ein wesentliches Stück deutscher Zeitgeschichte an wesentlicher Position mit geprägt - zuerst in der Landes-, dann in der Bundespolitik. Wenn auch in letzterer nicht ganz an vorderster Front, so doch an den eher nach außen unsichtbaren Knotenpunkten der Macht. Einer Macht, die er immer in Verbindung mit Verantwortung verstand. Nach außen deutlich wurde dies gerade in den letzten Jahren, als ihm seit 1999 im Ausschuss zur Untersuchung von Parteispenden eine ebenso heikle wie bedeutsame Rolle zukam.

DIETMAR SCHLEE stand auch mit Energie und Durchsetzungsvermögen für seinen Wahlkreis ein. Gerade im Zollernalbkreis hat er durch Einsatz und Präsenz all jene eines Besseren belehrt, die bei seiner Wahl gefürchtet hatten, ein gebürtiger Sigmaringer und ehemaliger Landrat dazu, werde die politischen Interessen etwa aus der "südlichen Brille" sehen und vertreten. Dass Schlee's "politische Brille" nicht einmal nur aus Parteisicht eine sehr weitsichtige war, konnte man dann schnell erkennen. Und so war die einstimmig getroffene Kandidatenaufstellung für die Bundestags-Wahl im September reine Formsache im positiven Sinne. Auch für Dietmar Schlee selber, der sich kampfstark und zuversichtlich gab.

BIS ZULETZT hat Dietmar Schlee die Hoffnung nicht aufgegeben, seinen Beitrag für die Gemeinschaft und die Werte, für die er einstand, weiter leisten zu können. Als tief in der Religion verankerter und in "seinem Kloster Beuron" fest verwurzelter Mensch mag ihm das Wissen darum, dass ein anderer stärker ist als wir Menschen, den letzten Abschied erleichtert haben. Allen Menschen, denen er vertraute - in Familie, Freundeskreis, Partei - mag das Vermächtnis seiner Lebensleistung Ansporn sein und Kraft geben, die ihm wichtigen Aufgaben in seinem Sinne weiter zu meistern.

 

   

 

Bundestags-
abgeordneter

Thomas Bareiß

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